Seit meiner Kindheit übt Italien eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Die Assoziationen waren und sind: Die Grenze am Brenner, danach beginnt der Süden mit wärmender Sonne, dem besten Cappuccino in der Autobahnraststätte und je weiter man fährt, desto höher klettert das Thermometer. Bei zumeist brütender Hitze geht es durch das diesige, brettebene Norditalien mit dem Höhepunkt der Überquerung des gewaltigen, trägen Pos.
Weiter unten dann mediterrane Düfte und Farben, nächtliche Zikadenkonzerte, authentische Küche, Herzlichkeit, alte Mauern, wohin man blickt, Olivenbäume, Wein.

Dass der Po, dessen Ebene bislang immer nur Durchgangsstation war, ein faszinierendes Delta an der Adria hat, habe ich erst 2020 für mich entdeckt, in mancherlei Hinsicht steht es für mich seither für das alltägliche Italien.
So entspannt der Po dahinfließt, so geruhsam läuft das Leben in den kleinen Orten ab zwischen Bar, Gemüsestand und Schwatz am Gartenzaun. Dazu endlose Weite mit gelben Reisfeldern, Scharen weißer Seidenreiher, glitzernden Wasserarmen.
Sandstrände, Treibholz, Flamingos, knarzende Fischerhütten mit abenteuerlichen Netzkonstruktionen an spiegelglatten Buchten, gelbrotorangeviolettblaugraue Sonnenuntergänge wie von Caspar David Friedrich gemalt.
Auf Dämmen entlang radeln, grüngelbe Bienenfresser beim Turteln beobachten, schwarzweißen Strandläufern beim Foodpicking im seichten Ufersaum zusehen, Nachdenken, innehalten, sich in Raum und Stille verlieren.
Von einer Windböe aufgeschreckt werden, weitergehen, das dramatische Spiel von dunklen Wolkenhaufen und daraus hervorschießenden Lichtpfeilen bewundern.

Ein Ort, wie geschaffen für die Kraft und Magie der Poesie.